Viele Teilnehmer waren der Einladung des Grafschafter Hospizvereins in die Kapelle des Klosters Frenswegen gefolgt. Gebannt lauschten sie dem geistlichen Direktor der katholischen Akademie Stapelfeld, Pfarrer Dr. Marc Röbel.
Begegnung mit „Bruder Tod“
Philosophisch-theologische Annäherungen im Kloster Frenswegen
Nordhorn „Begegnung mit ‚Bruder Tod‘“ waren dessen „Philosophisch-theologische Annäherungen“ überschrieben. In einem wahren rhetorischen Feuerwerk durchmaß der Redner anhand von Texten und symbolischen Gegenständen (aus der mitgebrachten „Schatzkiste“) philosophische Räume wie auch Räume des Alltags, um sich dem Phänomen des Sterbens und dem Walten des Todes zu nähern.
Den Ausgangspunkt bildete der Begriff von der „entzauberten Welt“ des Soziologen Max Weber. Im Gespräch mit dem Publikum entwickelte Röbel Kennzeichen einer solchen Welt: Sie ist nüchtern, Technisches steht über allem, alles soll zu berechnen und damit „in den Griff“ zu bekommen sein; die Kunst, „mit dem Herzen zu sehen“ (Antoine de Saint-Exupéry), wird nicht geübt. Eine solche Welt hat ihre guten Seiten; aber auch die dunklen Seiten sollen bedacht sein.
So kann ein recht hilfreiches Instrument wie ein Smartphone zu einer „elektronischen Fußfessel“, zu einem „Zeiträuber“ und zum „Aufmerksamkeitsräuber Nr. 1“ werden. In einer solchen Welt „ohne Zauber“ ist der Tod nichts anderes als ein bodenloser Schrecken. Als Zweites berichtete der Redner über die erste Erfahrung des Pädagogen K. Dürckheim mit dem Tod bei der Begegnung mit der verstorbenen Großmutter. In dem Raum, in dem die Aufbahrung stattgefunden hatte, empfand er eine Stimmung, die geprägt war von der „Präsenz des Todes“, weshalb ihn gleichzeitig Erschrecken wie Ergriffenheit trafen.
In besonderer Weise schilderte Pfarrer Röbel den Erkenntnisweg des Philosophen und Theologen Gabriel Marcel: Seine kindliche Erfahrung war, dass die erwachsenen Menschen in seiner Umgebung angesichts des Todes sprachlos waren. Dies brachte ihn nachher dazu, Philosophie zu studieren, um dahinter zu kommen, was „hinter dem Vorhang des Todes“ zu denken sei.
Der Redner ging verschiedene Ansätze durch, etwa den Ratschlag „Don’t worry, be happy“, also den Tod zu ignorieren, oder die Erkenntnis Heideggers, dass man erst im Laufe des Älterwerdens merkt: Vergänglichkeit ist nicht etwas, was andere betrifft, sondern man selber gelangt immer mehr in die Nähe der Todesgrenze und muss sich damit auseinandersetzen.
Der französische Philosoph Gabriel Marcel sei schließlich zu dem Schluss gelangt: Mit dem biologisch verstandenen Leben eines Menschen (als einer „Kohlenwasserstoffeinheit“) sei es nicht getan. Wer einen Menschen liebt, liebt eben nicht nur seine Körperlichkeit, sondern den Menschen als Person mit Geist und Seele. Marcel: „Ein Wesen lieb haben, das heißt, ihm zu sagen: Du wirst nicht sterben.“ Es wird eine Verbindung bleiben. Das ist nicht (natur-)wissenschaftlich zu beweisen; aber es ist auch nicht unvernünftig, nicht unsinnig.
Als „Zeichen“ dafür – nicht als Beweise – nannte der engagiert Vortragende die Phänomene der „Nahtoderfahrungen“, die in vielen Kulturen seit Jahrtausenden auftauchen: Menschen, die klinisch tot gewesen waren, aber wieder ins Leben zurückfanden, berichteten in erstaunlich gleichen Bildern von Wanderungen durch Spiralen oder Tunnel, Erfahrung von hellem, weichem Licht, von einem (rückwärts laufenden) Lebens-Film, von angenehmer Musik.
Vor allem setzen sich alle, die solches erleben, mit zwei Fragen auseinander: Wo habe ich verwundetes Leben empfunden? Wo wurde liebevolles und sinnvolles Leben erfahren? Fast alle haben nach diesen Erlebnissen ihr Leben neu gesehen, indem sie versucht haben, nach Gültigem, Wichtigem zu spüren. Kurz: Sich existenziell die Frage zu stellen: Wofür lohnt es sich zu leben? Zum Schluss erinnerte Pfarrer Röbel an Franz von Assisi, der zum Ende seines Lebens Gott loben konnte für den „Bruder Tod“, den Tod also als letzte Realität allen Lebens, nicht als Schrecken zu leben. am
Weitere Infos: Grafschafter Hospizhilfe und Kloster Frenswegen