„Mein letzter Wille“ steht über vielen Testamenten. Schließlich regelt man mit diesem Dokument, was mit dem eigenen Hab und Gut nach dem Tod passieren soll.
Selbst wenn der Erblasser ein Testament aufgesetzt hat, streiten die Hinterbliebenen
MÜNCHEN Das Problem: Oft ist das, was da aufgeschrieben wurde gar nicht so klar. „Am Ende muss der Wille des Erblassers von einem Gericht ausgelegt werden“, sagt Erbrechtsanwalt Paul Grötsch. „Das ist nicht immer ganz einfach.“ Dabei sind die formalen Anforderungen an ein Testament nicht so hoch. „Man muss es selber handschriftlich verfassen, unterschreiben und am besten mit einem Datum versehen“, sagt Grötsch. Als Faustregel gilt: Je einfacher und klarer ein Testament aufgesetzt wird, desto leichter lässt sich später der Wille des Erblassers ermitteln. Um rechtlich richtig zu formulieren, lohnt sich meist eine Beratung. Was sonst schiefgehen kann, zeigen wichtige Urteile der vergangenen Jahre.
• Ergänzungen bei handschriftlichem Testament: Wer an einem eigenhändig verfassten Testament nachträglich etwas ändert, muss nicht alles neu schreiben. Ergänzungen müssen einen klaren Zusammenhang
zum eigentlichen Testament haben. Selbst wenn diese Ergänzung nicht gesondert unterschrieben ist, kann sie formwirksam sein. Die Voraussetzung: Die Auslegung ergibt, dass die auf dem Testament vorhandene
Unterschrift die nachträgliche Ergänzung deckt. Das entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 22. Januar 2021, Az.: I-3 Wx 194/20).
• Kopie eines Testaments kann ausreichen: Wird ein Testament eröffnet, muss dabei das Original vorliegen. Ist aber nur eine Kopie des Testaments vorhanden, kann diese zu eröffnen sein, befand das Oberlandesgericht München (Urteil vom 7. April 2021, Az.: 31 Wx 108/21). Allein die Tatsache, dass das Original nicht mehr vorhanden ist, lässt nicht den Schluss zu, dass das Testament vom Erblasser vernichtet und widerrufen worden ist. Deshalb kann sich die Erbfolge nach dem nur in Kopie vorliegenden Testament richten. Diese ist zu eröffnen.
• Testament widerrufen: Manche Erblasser verfassen mehrere identische Testamente. Wollen sie ihren letzten Willen später ändern, reicht es nicht, nur eines der Dokumente zu vernichten. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts München ist das kein wirksamer Widerruf (Urteil vom 5. Mai 2020, Az.: 31 Wx 246/19).
Erbfälle in Patchworkfamilien sollten geregelt werden. Denn die gesetzliche Erbfolge greift hier nicht. Foto: dpa
• Erben genau benennen: Ein Testament sollte keine Zweifel offen lassen. Deshalb sollten die Erben in einem Testament immer genau benannt werden. Allgemeine Angaben wie „die Kinder“ lassen Raum für Interpretationen. Gerade Patchwork-Familien sollten eindeutige Regelungen aufschreiben, wie ein Urteil des Oberlandesgericht Düsseldorf zeigt (Urteil vom 25. November 2020, Az.: 3 Wx 198/20). Hier hatte ein Ehemann in die Patchwork-Familie eine Tochter eingebracht, die Ehefrau zwei Kinder. Die Eheleute setzten in einem gemeinschaftlichen Testament „die Kinder“ als Schlusserben ein. Im Haushalt der Familie lebten zu diesem Zeitpunkt nur die Kinder der Ehefrau. Sie wurden am Ende alleinige Erben. Die Tochter des Ehemannes aus einer früheren Beziehung ging leer aus.
• Schreibunterlage ist unerheblich: Wo ein Testament niedergeschrieben wird, hat keinen Einfluss auf seine Wirksamkeit. Der letzte Wille ist auch gültig, wenn der Erblasser ihn mit Filzstift auf eine Tischplatte geschrieben hat, entschied das Amtsgericht Köln (Urteil vom 25. Mai 2020, Az.: 30 VI 92/20). Die Verwendung ungewöhnlicher Materialien sei gesetzlich nicht untersagt. Zwingend notwendig sei die Unterschrift. Da die im vorliegenden Fall fehlte, war dieses Testament nicht gültig.
• Unterschrift muss nicht lesbar sein: Auch ein notarielles Testament muss vom Erblasser unterzeichnet werden. Die Unterschrift muss nicht geeignet sein, den Erblasser zu identifizieren. Bei einer krankheitsbedingten Schwächung kann es genügen, wenn der Erblasser versucht, seinen Familiennamen zu schreiben. Selbst wenn die Unterschrift aus einem Buchstaben und einer geschlängelten Linie besteht, kann dadurch zum Ausdruck gebracht werden, die notarielle Erklärung als eigene zu wollen, entschied das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 18. Mai 2020, Az.: 2 Wx 102/20).
Gut zu wissen: Wer sein Erbe mit bestimmten Regeln oder Forderungen verknüpfen will, muss aufpassen. Nicht selten werden solche Regelungen später für unwirksam erklärt, erklärt die Notarkammer Frankfurt am Main. Unzulässig kann zum Beispiel sein, dass der längerlebende Ehepartner den Anspruch auf das Erbe verliert, wenn er oder sie wieder heiratet. Eine solche Verfügung wäre sittenwidrig und damit ungültig.
Mögliche Folge: die betroffenen Personen erben auch, wenn sie die Klauseln nicht einhalten. dpa