Not macht erfinderisch: Seit ein während der Corona-Pandemie arbeitsloser Düsseldorfer DJ aller Aufträge beraubt wurde, legt er bei Beerdigungen auf. „Theo erfüllt den letzten Wunsch“ – die Idee kommt an.
„Theo erfüllt den letzten Wunsch“
Stadtbekannter Düsseldorfer DJ legt am offenen Grab auf
Das Urnengrab ist ausgehoben, die feuchte Erde mit Kunstrasen abgedeckt. DJ Theo Fitsos (60) platziert sein Lastenrad wenige Meter entfernt in einer Ecke des Grabfeldes und verkleidet den Baldachin mit schwarzem Samt. In wenigen Minuten wird der Trauerzug auf dem Friedhof in Düsseldorf-Eller um die Ecke biegen. Fitsos fährt sein Laptop hoch, gleich wird er „My way“ spielen – erst in der Originalversion von Frank Sinatra, dann in der Klassik-Variante von André Rieu.
Not macht erfinderisch: Im ersten Corona-Jahr brachen Fitsos, seit 36 Jahren eine Institution im DJ-Geschäft, sämtliche Aufträge weg. Auf einen Schlag war er arbeitslos – und das als Selbstständiger. „Ich hatte gar nichts zu tun. Die Aussichten waren katastrophal.“ Zum Fernsehschauen verdammt sah Fitsos eine Beisetzung und hatte plötzlich eine Idee: „Warum ist es da so totenstill? Man müsste mehr Gefühl in die Sache bringen. Da fehlt einfach die Musik.“
Befreundeter Bestatter war sofort begeistert
Mit der Idee wandte sich Fitsos an den befreundeten Bestatter Peter Nakaten: „Der war hellauf begeistert: „So was gibt es noch nicht“.“ Bislang spielte die Musik bei Beerdigungen in der Kapelle, aber nicht am Grab. Doch Fitsos fehlte das Geld für die notwendige vierstellige Investition: Zwar hatte er sein DJEquipment, aber kein Lastenrad, um es an Ort und Stelle zu bringen. Freunde hätten ihm schließlich ein E-Lastenrad „gesponsort“ und eine Freundin den schwarzen Samtüberzug geschneidert.
Inzwischen hat DJ Theo bei zahlreichen Beisetzungen „aufgelegt“ und Bestatter kommen auf ihn zu, weil sie das Angebot machen möchten. Gut sei die Resonanz aber auch bei den Beerdigungen selbst: „Nach jeder Beisetzung kommen Leute aus der Gruppe der Trauernden auf mich zu und bedanken sich“, erzählt Fitsos. Wie früher sei er für die Stimmung verantwortlich, wenn auch für eine ganz andere: „Je jünger die Verstorbenen sind, umso emotionaler ist die Beerdigung.“ Die Umsätze, als er noch große Clubs und Säle bespielte, erreicht er mit seinem neuen Geschäftsfeld zwar nicht, aber es half ihm, über die Runden zu kommen. Mittlerweile hat der DJ wieder Einsätze wie auf der Düsseldorfer Rheinkirmes gehabt. Der Musikwunsch der Angehörigen oder des Verstorbenen ist am Grab das Pflichtprogramm. „Das stimme ich vorher mit den Angehörigen ab“. Am häufigsten werde gewünscht: Trude Herr und ihr Lied „Niemals geht man so ganz“, Hans Albers mit „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, Frank Sinatras „My way“ und die Harald-Juhnke-Version von „Was ich im Leben tat“.
Discjockey Theo Fitsos steht mit seiner Musikanlage auf einem Lastenfahrrad neben einem frisch ausgehobenen Grab unmittelbar vor seinem Einsatz bei einer Beerdigung auf dem Friedhof in Düsseldorf-Eller. Statt im Club legt der in Düsseldorf stadtbekannte DJ jetzt auf Beerdigungen auf. Foto: dpa
Unterstützung vom Verband der Bestatter
„Das ist am Grab etwas Neues, eine schöne Idee“, sagt Stephan Neuser, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Bestatter. „Das entspricht dem Trend zu immer mehr Individualität bei Bestattungen, den wir schon länger beobachten“, sagt er. „Grundsätzlich unterstützen wir das. Auch ein Motorrad oder Fahrrad des Verstorbenen am Sarg ist keine Unmöglichkeit mehr.“ „Theo erfüllt den letzten Wunsch“ heißt Fitsos‘ neue Dienstleistung am Grab. Bislang habe er auch jeden ausgefallenen musikalischen Wunsch erfüllen können. „Was ich nicht habe, besorge ich. Da war eine Witwe, die hat sich ein bestimmtes altes französisches Lied aus der gemeinsamen Zeit in Paris gewünscht, eine andere ein Lied aus Südamerika.“ „„Highway to hell“ von AC/DC hatte ich noch nicht“, sagt Fitsos. Aber er hatte auch noch keine Rocker-Beerdigung. Wovor er Angst hat: „40 Minuten Dauerregen. Ich weiß nicht, ob meine Technik das mitmachen würde.“ dpa